Grundlagen meiner therapeutischen Arbeit

Psychotherapie kann leidvolle Erfahrungen nicht weg machen, aber Einsicht in das Leiden hilft uns in gewisser Weise, frei davon zu werden. Konkret heißt das, sich zu fragen: Woran leide ich? Warum leide ich darunter? Was ist passiert, dass ich so reagiere, wie ich es tue? Was möchte ich ändern?

Mindestens ebenso wichtig ist ein Bewusstsein für unsere Stärken und Fähigkeiten. Wer oder was hat mich unterstützt, die leidvollen Erfahrungen auszuhalten? Wer oder was gibt mir heute Kraft? Wo und wann fühle ich mich sicher? Wie kann ich mein Vertrauen in mich selbst und in Andere spüren und wachsen lassen? Wie werde ich glücklich?

Je mehr wir die starken Anteile in uns fördern, desto liebevoller können wir auch mit den schwachen und verletzten umgehen. Im Innen und im Außen.



Traumatherapie

Definition traumatischer Ereignisse

Der ICD 10 (internationale Diagnosekatalog) beschreibt im Zusammenhang mit der Posttraumatischen Belastungsstörung ein Trauma als ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Häufig unterscheidet man zwischen menschlich verursachten Traumen wie sexuelle und körperliche Misshandlungen, kriminelle/politische und familiäre Gewalt oder Kriegserlebnisse, Gefangenschaft, Folter ... (Natur)katastrophen und Unfalltraumen.


Häufige Symptome nach einem erlebten Trauma

Dazu kommen auf körperlicher Ebene häufig nicht organisch bedingte Schmerzen, chronische Verspannungen, Schlafstörungen, Esstörungen, um nur einige zu nennen.

Nicht selten ziehen sich Menschen nach einer für sie traumatischen Erfahrung aus allen sozialen Kontakten zurück, leiden unter Desorientierung, Wut, Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit.


Therapie

In den letzten Jahrzehnten wurde intensiv auf diesem Gebiet geforscht und spezielle Traumatherapien entwickelt. In der Regel besteht diese Therapie aus vier Phasen:


PITT

Frau Prof. Dr. Luise Reddemann entwickelte das Modell der Psychodynamisch-imaginativen Traumatherapie (PITT). Davon ausgehend, dass körperliche, sexualisierte und seelische Gewalt in der Regel von Menschen an Menschen ausgeübt wird, entstehen zerstörerische Beziehungsmuster sowohl zum anderen als auch zu sich selbst. "Das therapeutische Anliegen von PITT war es daher von Anfang an, vor allem Fähigkeiten zur Selbstberuhigung, Selbsttröstung und Selbstakzeptanz zu entwickeln und zu fördern" (Luise Reddemann).


Das Therapiekonzept besteht aus den Phasen:


PITT bietet gerade zu Therapiebeginn die Möglichkeit auf der Beziehungsebene zu arbeiten, sowohl zu mir als auch vor allem zu sich selbst. Das erlebe ich als wunderbare Ergänzung zu vielen meiner bisher angewandten Methoden, zumal bei Achtsamkeitsübungen der Reichtum und die Vielfalt eigener Ressourcen entdeckt und weiterentwickelt werden kann. Und das Thema ‚Sicherheit’ immer wieder thematisiert wird.


Die Nacht, in der das Fürchetn wohnt, hat auch die Sterne und den Mond (Mascha Kaleko)



Psychodrama

Während meiner langjährigen Arbeit mit Methoden aus der Traumatherapie stellte ich fest, dass es manchen Menschen schwer fällt, mit inneren Bildern zu arbeiten. Häufig ist es einfacher, ein Symbol für einen Menschen, mit dem man z.B. gerade einen Konflikt hat, zu suchen und dieses vor sich hin zu stellen. Das Symbol kann man sehen, es anfassen oder an einen anderen Ort versetzen, je nachdem wie die erarbeitete Beziehungsklärung verläuft. Die symbolisierte Person ist mehr da und damit auch die eigenen Gefühle zu ihr. Nach der therapeutischen Arbeit wird sie wieder „entlassen“, das heißt das Symbol wird als ganz normaler Gegenstand ins Regal zurückgelegt. Diese Geste verstärkt häufig das Gefühl diesen Konflikt wirklich gelöst zu haben.

Die Arbeit mit Symbolen und auf einer "Bühne" dargestellten Handlungen sind typische Methoden der von J.L. Moreno entwickelten Gruppenpsychotherapie und des Psychodramas.

Für mich bewährt sich szenische Darstellung auch bei traumatischen Erlebnissen. Die Handlung kann von der betroffenen Person mit Hilfe der Symbole rekonstruiert und damit sichtbar gemacht werden. Gleichzeitig bleibt die ErzählerIn in der Beobachterrolle außen. Sie allein bestimmt, was dargestellt wird. Damit erlangt sie Kontrolle und Distanz zum oft hilflos Erlebten. Mit der gleichen Technik können auch Träume, Zukunftvisionen oder Probehandeln (z.B. bei Konflikten) dargestellt und bearbeitet werden.



Somatic Experiencing®

Die meisten Traumatherapien gehen davon aus, dass körperliche Symptome aufhören, wenn das Trauma bzw. die Traumata auf der bewussten Ebene verarbeitet und integriert werden konnte (n). Dies ist ein langwieriger, in der Regel sehr schmerzlicher Prozess und häufig bleiben die körperlichen Belastungen auch nach Beendigung der Therapie bestehen.

Peter A. Levine entwickelte mit seiner Methode des Somatic Experiencing (Somatisches Erleben) einen Ansatz zur Auflösung traumatischer Erfahrungen, der schwerpunktmäßig auf der physiologischen Ebene arbeitet.

Er beobachtete, dass wildlebende Tiere nur selten traumatisiert werden, obwohl sie ungleich häufiger als Menschen mit dem Leben bedroht sind. Menschen reagieren wie alle Säugetiere auch in lebensbedrohlichen Situationen mit Kampf, Flucht oder Erstarrung. Die Entscheidung, welche Reaktion angemessen erscheint, um aus der Situation lebend herauszukommen, wird in den unwillkürlichen Bereichen des menschlichen Gehirns und Nervensystems getroffen. Sind weder Kampf noch Flucht möglich, fällt der gesamte Organismus (Mensch wie Tier) in den Zustand der Erstarrung. Wildlebende Tiere sind in der Lage, sich ebenso instinktiv aus diesem Zustand wieder herauszulösen.

Menschen dagegen versuchen nach traumatischen Erfahrungen, egal ob es sich um Umfälle, medizinische Eingriffe, Gewalt durch andere Menschen oder Naturkatastrophen handelt, mit Hilfe des Großhirns die Kontrolle wiederzuerlangen. Dafür spalten sie unter Umständen alle mit dem Trauma verbundenen Erfahrungen ab und versuchen so weiterzuleben wie vor der Erfahrung. In der Hoffnung, nie wieder in den Zustand der Hilflosigkeit, den Schmerzen und der Todesangst zu geraten. Dadurch bleibt das gesamte Nervensystem im Zustand der Übererregung und chronischen Anspannung.

In der therapeutischen Arbeit mit Somatic Experiencing (Patentzeichen) geht es darum, das Nervensystem sanft aus diesem Zustand zu lösen und den ungehinderten Energie- und Lebensfluss wiederherzustellen.

Es ist eine sehr tiefgreifende und berührende Erfahrung, einmal durchatmen und entspannen zu können.